160 Meter tief durch den Granit

Pressemitteilung in der Badischen Zeitung vom 18. April 2020

Spezialfirma aus Dotternhausen bohrt 32 Löcher
im Murger Baugebiet „Auf Leim“ für die „kalte Nahwärme“

Von Martin Köpfer

MURG. Im neuen Baugebiet „Auf Leim“ in Murg hat die nächste Phase begonnen: Nachdem die Bagger rund 12000 Kubikmeter Erde bewegt haben und neben den Wasser- und Abwasserleitungen auch das Leitungsnetz für die kalte Nahwärme auf dem rund vier Hektar großen Gelände verlegt ist, laufen derzeit die Bohrungen, um die Löcher mit einer Tiefe von 160 Metern zu bohren. Darin werden dann die Erdsonden eingebracht, die der Erschließung der Erdwärme dienen.

Insgesamt 32 Löcher in einem Abstand von acht Metern muss die Firma Koch aus dem schwäbischen Dotternhausen bohren, aus denen das gesamte Wohngebiet mit kalter Nahwärme versorgt werden wird. Gerade mal zwei dieser Bohrlöcher fertigt die Spezialfirma pro Tag an, inzwischen hat sie gut die Hälfte der 32 anzufertigenden Bohrlöcher geschafft. Firmenchef Christian Koch und seine sechs Mitarbeiter leisten dabei Schwerstarbeit trotz des Einsatzes modernster Maschinen, die sich durch die Granitschicht arbeiten, um in die geforderten 160 Meter Tiefe zu gelangen. Dabei zerkleinert eine Art Hammer das Bohrgut, das dann mit großem Luftdruck von einem Kompressor nach oben gedrückt wird. Immer wenn vier Meter in die Tiefe gebohrt sind, werden zwei zusätzliche Stangen mit je zwei Metern Länge oberhalb an den Bohrer angesetzt. „Das Gelände ist gut geeignet, bis zu einer Tiefe von etwa 60 Metern ist der Granit relativ weich, dann wird er hart“, berichtet Firmenchef Christian Koch bei einem Vor-Ort-Termin mit Bürgermeister Adrian Schmidle.

Ist die Tiefe des Bohrlochs von 160 Metern erreicht, wird das Bohrgestänge aus der Maschine ausgebaut, und die Sonden werden eingebaut, die dann in die Tiefe gebracht werden. Zu diesen Sonden führen je eine Vor- und Rücklaufleitung aus Kunststoff. Danach wird das Bohrloch wieder verfüllt. Die Sondenleitungen werden bis zu den Gebäuden verlegt, am Verteiler angeschlossen und an der Wärmepumpe im Haus installiert. In der Vorlaufleitung wird die gewonnene Energie aus dem Erdinnern zu den Wärmepumpen in den Häusern transportiert.

Pro hundert Meter Tiefe steigt die Temperatur im Erdinnern um etwa drei Grad an. In den 160 Metern Bohrtiefe herrsche so eine Temperatur von etwa 13,2 Grad, die das Glycol-Wassergemisch in den Schläuchen entsprechend aufheizt. Im Haus beim Endverbraucher kommt das Gemisch mit etwa dieser Temperatur an.

Ideal, um mit einer Wärmepumpe mittels Stromeinsatz Warmwasser und Heizwasser zu erzeugen und es im Sommer zur Kühlung einzusetzen, berichtet Stefan Schlachter, Projektleiter der Firma Energiedienst AG, die das „kalte Nahwärmenetz“ betreibt.

Christian Koch wird auch immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob sich nicht auch bei seinen Baustellen wie in Staufen und anderen Orten nach Erdwärmebohrungen Schäden an Häuserfassaden ergeben könnten. In Staufen sei es wohl vor allem zu den Schäden gekommen, weil im Untergrund Gips- und nicht nur harte Gesteinsschichten gewesen sind. Heute dürfte man in so einem Untergrund gar nicht mehr bohren, sagt er. Wenn die Bohrlöcher gut verfüllt würden, könne absolut nichts passieren, sagt er weiter. Zudem habe man – auch in Konsequenz von Staufen – in Baden-Württemberg die schärfsten Auflagen bundes- und sogar europaweit, wenn es um Erdwärmebohrungen geht.

Das Baugebiet in Murg ist mit seinen 32 Bohrlöchern das mit knappem Abstand bisher größte, das die Firma bearbeitet hat. Auf Leim werden 45 Bauplätze für Einfamilienhäuser und sieben Bauplätze für Mehrfamilienwohnhäuser entstehen, ergänzt Bürgermeister Adrian Schmidle. Dafür gibt es bereits mehr als 200 ernsthafte Interessenten. Die Hälfte des Areals werde über die Gemeinde vermarktet, die andere Hälfte über den freien Markt, weil die Besitzer der Grundstücke dies in Eigenregie machen wollten. Für die Käufer gebe es bei der Gemeinde einen Anschlusszwang an das kalte Nahwärmesystem, aber auch bei den anderen Grundstücken seien im Kaufpreis bereits je 8000 Euro für die Arbeiten am Nahwärmesystem berechnet. „Wir bieten ein Rundum-Sorglos-Paket mit dieser Art der umweltfreundlichen Wärme“, sagt Schmidle und verweist gleichzeitig auf Murg als Gemeinde, in der Klimaschutz sehr ernst genommen wird. Zu diesem Rundum-Sorglos-Paket Auf Leim gehört auch, dass die am unteren Ende des Baugebietes verlaufende KV-110-Hochspannungsleitung durch die Netze BW möglichst bald nach Norden an die Trasse der A98 hin verlegt werden wird, so dass die Bauherren ab dem kommenden Jahr mit den Arbeiten an ihrem neuen Heim beginnen können.

Pressemitteilung Badische Zeitung Koch Erdwärme 18.04.2020
Christian Koch (rechts) und Bürgermeister Adrian Schmidle bei einer der großen Bohrmaschinen auf der Baustelle „Auf Leim“ Foto: Martin Köpfer